Windau, Wolfgang : Faszination Tierschmuckdecken – Orientalische Raritäten aus zwei Jahrhunderten

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Windau, Wolfgang : Faszination Tierschmuckdecken – Orientalische Raritäten aus zwei Jahrhunderten

Im orientalischen Alltag sind eine Reihe von verschiedenen Decken zu beobachten.
Durch die unterschiedlichen Aufgaben gibt es große Unterschiede in der Ausführung.
Zum Einsatz kommen sie als Essdecken (Sofreh), als Wärmedecken (Ruh-Korsi), als Raumteiler und als Bettzeug Abdeckungen (Shaffi oder Ruh tachti).
Als Bodenbelag wurden sie „Kelim“, „Pallas“ oder „Kont“ genannt, je nach Verbreitungsgebiet.
Und neben dieser Vielfalt gab es dann noch die Tierdecken. Alle diese verschiedenen Decken wurden in der Vergangenheit ausschließlich für den Eigenbedarf hergestellt.
Das Zeitfenster (Datierung) der hier beschriebenen Textilien liegt zwischen der Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts.
Als orientalische Tierschmuckdecken bezeichnen wir hier Decken für Pferde, Kamele, Esel und Maultiere. Im Iran werden dafür die Ausdrücke „Jol-e-Shotor“ oder „Jol-e-Asb“ verwendet. Was so viel heißt wie „Kleid des Kameles“ oder „Kleid des Pferdes“.

Fast immer auf textiler Basis hergestellt kommen alle bekannten Verfahren zum Einsatz. Sowie die verschiedenen Webtechniken der Flachgewebe, einfache Schussführung, verhängte Schussführung und doppelt verhängte Schussführung.
Stark vertreten ist auch Kettrepstechnik (Djajim). In der Mischtechnik: Flachgewebe- und Knüpftechnik, kommen beide Techniken zusammen in Decken vor.
Die Knüpftechnik alleine ist jedoch selten vertreten. Andere, noch seltenere Varianten waren aus Leder oder Filz.
Solche Decken (Schabracken) finden wir hauptsächlich im häuslichen Gebrauch bei den nomadisierenden Volksstämmen oder Bauern im gesamten Orient, also von Anatolien bis Tibet.
Dabei besteht naturgemäß eine große Variationsbreite in der Ausführung zwischen den verschiedenen Stämmen wie z.B. Yürüken, Kurden, Shasavan, Gashgai, Luren, Turkmenen, Usbeken, Kirgisen usw.
Neben der Alltagsanwendung existieren natürlich auch Deckenvarianten, die spezielle Aufgaben erfüllen. Wie z.B. bei Repräsentationen während der Hochzeit- oder Neujahrsfeierlichkeiten (Norus).
Im Iran war die Bezeichnung für diese Art von Decken „Schiraki“. Andere wiederum wurden speziell für die Frühjahrs- und Herbstwanderungen (Migration) hergestellt. In Khorrasan wurden diese speziellen Pferdedecken „Kapan“ genannt. Eine besondere Art von Kameldecke hat sich bei den Yürüken in Anatolien etabliert, dort als „rote Kelims“ bekannt.
Speziell für Kinder wurden Mini-Pferdedecken gewebt, eine sehr seltene Ausführung, da sie später zum gehüteten Familienschatz gehörten.
Abdeckungen für Mehrfachanwendungen nennen wir „Multifunktionsdecken“.
Auch muss unterschieden werden zwischen Tierdecken und Satteldecken.
Die Satteldecken werden auf dem Sattel getragen, während die Tierdecken sich zwischen Sattel und Tier befinden und so auch als Sattelunterlage für das Tier dienten.
Wie auch bei anderen Zelttextilien unterlagen die Alltagstierdecken durch den rigorosen Gebrauch einem hohen Verschleiß, sodass man wohl von einer mittleren Lebensdauer von 20 Jahren ausgehen konnte. Hiervon sind natürlich nicht die Decken mit hohem Statussymbol betroffen. Diese wurden sehr selten benutzt, von Generation zur nächsten vererbt und von uns heute als textile Kunst geschätzt.

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